Text (Stand 23.07.24)
Andreas Pfennig
Alexander Graf
Bernadette Menacher
Regine Rehaag
Lektorat
Lea Musiolek
Antonia Rötger
Wenzel Steinig
Review
Benjamin Nölting
Illustration
Ann Luca Weiss
2040 – Wir haben schon viel erreicht
Bildung befähigt zu nachhaltigem Leben. Die Bildung von Kindern und Jugendlichen zu Themen der Nachhaltigkeit und insbesondere zu veganer Ernährung besteht aus drei Säulen. Eine erste Säule ist das Schulfach ‘Gesundheit, Ernährung, Nachhaltigkeit (In Allen Lebenslagen: GENIAL)’. Entsprechende Themen sind als eine zweite Säule in anderen Schulfächern integriert, beispielsweise in Biologie, Erdkunde und Deutsch, aber auch in Gemeinschaftskunde, Wirtschaftskunde und Staatsbürgerkunde, wo diese Fächer angeboten werden. Als dritte Säule sind die Lebens- und Lernumgebungen in Kindergärten, Schulen und Universitäten so ausgestaltet, dass sie nachhaltiges und gesundes Leben fördern. Diese drei Säulen sind in den Curricula verankert und werden entsprechend bei der Lehrer:innenbildung konsequent vermittelt.
SIEHE AUCH: Ernährung
Es hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass weder Verbote und Gebote noch Information alleine ausreichen, um große Teile der Gesellschaft zu einem nachhaltigen Leben zu bewegen. Auch Nudging allein, bei dem die gewünschte Handlung als jeweils nächstliegende Optionen gestaltet ist, kann nur einen Teil beitragen.WBAE et al. Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten. 879 https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/wbae-gutachten-nachhaltige-ernaehrung.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (2020)
Im Bildungsbereich setzt man daher (neben Verboten und Nudging in anderen Handlungsfeldern) vorrangig auf den Umgebungs- oder Setting-Ansatz: Dabei werden die Lebensumgebungen so gestaltet, dass nachhaltiges Handeln naheliegt und leicht umsetzbar ist. Dazu gehören bei Kindern und Jugendlichen beispielsweise gemeinsames veganes Kochen und Essen sowie gemeinsames Pflegen des Schulgartens. Vorleben von nachhaltigem Verhalten durch Lehrer:innen und Prominente schafft entsprechende Rollenmodelle. So erlernen und erproben sie beispielsweise Kompetenzen in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und nachhaltiges Leben gemeinsam. Ein Vorteil des Umgebungs-Ansatzes ist, dass er auch sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche erreicht. KoopV, Hartl, J., Kilian, H., & BZgA. Kriterien für gute Praxis der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung. https://shop.bzga.de/pdf/61411002.pdf (2021) Ehlen, S. & Rehaag, R. Strategien zur Erhöhung der Reichweite in der Prävention und Gesundheitsförderung bei vulnerablen Zielgruppen in Kitas und Schulen (Scoping Review). 177 https://www.katalyse.de/wp-content/uploads/2021/05/Handlungsempfehlungen_Erreichbarkeit_Kita_Schule_barrierefrei.pdf (2021) Der Umgebungs- oder Setting-Ansatz wurde 1986 von der WHO in der so genannten Ottawa-Charta zur GesundheitsförderungWHO World Health Organization. OTTAWA CHARTER FOR HEALTH PROMOTION. Health Promotion International 1, 405 (1986) propagiert und ist seitdem weltweit verbreitet und erprobtHartung, S. & Rosenbrock, R. Leitbegriffe der Gesundheitsförderung, Settingansatz / Lebensweltansatz. Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention: Glossar zu Konzepten Strategien und Methoden (2015) doi:10.17623/BZGA:224-I106-1.0 (siehe auch Facette ‚Ernährung‘). Entsprechend der GENIAL-Inhalte ist die Verpflegung in Kantinen und Mensen nachhaltig, vegan und gesund. Dies drückt auch die Wertschätzung aus, die die Gesellschaft für die Entwicklung und gesunde Ernährung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen empfindet.
Lebenslanges Lernen ist im System aus Bildung und Wirtschaft fest verankert. Bereits die Schule vermittelt den Schüler:innen eine Übersicht über das lebenslange Lernen, bei dem die unterschiedlichen Bildungsmöglichkeiten mit der Wirtschaft vernetzt sind. Berufsbegleitende Weiterbildung und berufliche Neuorientierung werden staatlich gefördert und unterstützt. So gelingen uns die großen Umstrukturierungen in vielen Wirtschaftszweigen und in der Landwirtschaft ohne eine Verschärfung von Fachkräftemangel und Arbeitslosigkeit. Menschen, die sich für neue berufliche Aufgaben qualifizieren, werden durch Coachings unterstützt, bei denen individuelle Lösungen entwickelt werden. Plattform für die Planung der Weiterbildung sind Bildungs- und Zukunftsbörsen, bei denen die Arbeitnehmer:innen mit Vertreter:innen aus den Unternehmen und Betrieben, mit IHK und Berufsschulen Kontakte knüpfen und praxistaugliche, individuell abgestimmte Bildungsangebote entwickeln. In den Bildungseinrichtungen, insbesondere in den Berufsschulen, wird bereits ein Fundament für lebenslanges Lernen gelegt, indem Schule und Wirtschaft enger als Mitte der 2020er Jahre miteinander verzahnt werden. So werden Bildungsforen geschaffen, bei denen Berufsschüler:innen direkt mit Beschäftigten in Unternehmen und Betrieben in Kontakt kommen. Die Berufsschulen haben sich weiterentwickelt und bieten passende Angebote für Weiterbildung und berufliche Neuorientierung an. Ergänzt werden diese Angebote durch Weiterbildungsangebote von Praktiker:innen für Praktiker:innen, bei denen sich die Teilnehmer:innen aus unterschiedlichen Bereichen mit ihrem Wissen und Können gegenseitig befruchten. Auch digitale Angebote zu Bildung und Weiterbildung sind mit hohen Standards jederzeit verfügbar.
Eine nachhaltige Wirtschaft erfordert grundlegende Umstrukturierungen in vielen Wirtschaftszweigen wie der Energiewirtschaft, der Automobilindustrie und der chemischen Industrie sowie in der Landwirtschaft. Dadurch ergeben sich Herausforderungen sowohl für die Arbeitnehmer:innen als auch für die Arbeitgeber:innen. Angebot und Nachfrage an Arbeitskraft muss flexibler abgestimmt werden können als noch Mitte der 2020er Jahre. Gleichzeitig muss die persönliche Weiterbildung lebenspraktisch realisierbar sein. Beispielsweise ist es wenig sinnvoll, wenn eine langjährige Fachkraft zum Erlernen eines neuen Berufes nochmals die gesamte Berufsschule durchlaufen muss. Um dies zu umgehen, arbeiten alle involvierten Parteien zusammen und entwickeln in einem Multi-Stakeholder-Dialog individuell abgestimmte Bildungsangebote. An diesem Prozess sind neben den Arbeitnehmer:innen Vertreter:innen aus Unternehmen, Betrieben und Einrichtungen sowie Berufsschulen beteiligt. Gemeinsam entwickeln sie in einem Multi-Stakeholder-Dialog individuell abgestimmte Bildungsangebote. Dabei sind die zukünftigen Arbeitgeber:innen direkt beteiligt, sodass einerseits bedarfsgerecht umgeschult wird und andererseits die Arbeitnehmer:innen positive Zukunftsperspektiven haben. Arbeitgeber:innen bewerben sich dabei um ihre Mitarbeiter:innen und unterstützen das Zusammenstellen, die Durchführung und die Finanzierung eines passenden Weiterbildungsangebotes aus den unterschiedlichen verfügbaren Bausteinen.
Wenn die Abstimmung in Foren wie Bildungs- und Zukunftsbörsen erfolgt, an denen eine größere Zahl von Arbeitnehmer:innen teilnimmt, wird auch deutlich, dass dies keine Einzelschicksale sind. In den Foren stellen sich Unternehmen und Betriebe vor und werben um neue Mitarbeiter:innen. Die Arbeitnehmer:innen werden einerseits beraten und andererseits aktiv in die Entwicklung des individuellen Bildungsplans eingebunden. So wird auch die Verantwortung für die eigene Weiterbildung unterstützt. Die Arbeitnehmer:innen haben die Möglichkeit, die weitere Entwicklung so zu gestalten, dass sie sowohl zu ihnen selbst als auch zu den Bedarfen in Wirtschaft und Landwirtschaft passt. Auch untereinander tauschen sich die Arbeitnehmer:innen über ihre Erfahrungen aus. Diese Offenheit für diversifizierte Bildungswege unterstützt auch, dass Umorientierung im Beruf als Verwirklichungschance empfunden wird.
Viele Bildungsangebote sind zusätzlich zu klassischen Angeboten digital verfügbar. Entsprechend der erwarteten Entwicklung ist davon auszugehen, dass besonders Angebote zugänglich gemacht werden, die hohen Qualitätsstandards genügen. Qualitätsgeprüfte Angebote werden beispielsweise auf den Webseiten der Bildungseinrichtungen verlinkt.
01 – Initiative SWITCH: Neue Karrierechancen für Studienabbrecher: https://www.aachen.ihk.de/bildung/ausbildung/schueler-und-bewerber/switch-2975402
02 – BNE-Weiterbildungs-Angebote für Schulen: https://www.weiterbildung-fuer-schulen.de/index.html
Die Entwicklung der Systemsicht auf Bildung und lebenslanges Lernen führt auch dazu, dass Arbeitnehmer:innen der Umgang mit ihren Stärken und Schwächen leichter fällt als noch Mitte der 2020er Jahre. Um die Schwächen zu verringern, sind entsprechende Bildungsangebote breit verfügbar. Ausgeprägte Stärken können Arbeitnehmer:innen ihrerseits in entsprechende Weiterbildungsangebote einbringen. Die Atmosphäre zwischen Arbeitnehmer:innen ist dadurch wertschätzender und inspirierender als Mitte der 2020er Jahre.
Die Maßnahmen, die uns auf den Weg brachten
In den 2020er Jahren reifte die Einsicht, dass vegane Ernährung ein wesentlicher Faktor sein wird, um die Nachhaltigkeitsziele der Menschheit zu erreichen und insbesondere den Hunger zu besiegen.Pfennig, A. Bilanz-basierte Welt-Szenarien. https://www.vision3000.eu/sustainability-en/scenario-explorer-en (2021) Sowohl die Corona-Pandemie als auch der Russland-Ukraine-Krieg verstärkten die Armut in vielen Regionen weltweit, verschlechterten dadurch den Zugang zu Nahrungsmitteln und die Resilienz gegen den Klimawandel. Zudem führte die Energiewende dazu, dass große Industriezweige grundlegend umstrukturiert wurden, sodass viele Arbeitnehmer:innen in ihrem ursprünglich erlernten Beruf nicht mehr tätig sein konnten. Das alles haben wir erkannt und gehandelt – mit einigen wenigen aber maximal wirksamen Veränderungen, die wir schnell und konsequent umgesetzt haben:
SIEHE AUCH: Ernährung, Rahmen und Grundannahmen
01 – Bildung für nachhaltige Entwicklung: Zur Unterstützung von veganer Ernährungswende und BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) wurden die Bildungsmaßnahmen von der Kita bis zur Erwachsenenbildung so umgestaltet, dass im Sinne des Setting-Ansatzes nachhaltiges Leben gefördert wird (vergleiche dazu ‚Ernährung‘).
02 – Flexibles, vernetztes Bildungssystem: Das Bildungssystem wurde flexibilisiert, um praxisorientierte Angebote erweitert und enger mit Wirtschaft und anderen Arbeitgebern verzahnt, sodass Weiterbildung und eine berufliche Neuorientierung leicht und passgenau möglich wird.
03 – Partizipative Elemente in der Demokratie: Angestoßen wurde diese Entwicklung durch eine zunehmende Systemsicht auf die Gesellschaft und auf das Wechselspiel zwischen Mensch und Umwelt. Diese Einsichten konnten im Rahmen von Bürger:innendialogen und Bürger:innenräten entwickelt werden und führten zu den konkreten Vorschlägen für ein zeitgemäßes Bildungssystem (siehe ‚Rahmen und Grundannahmen‘). Diese wurden dann in der parlamentarischen Debatte aufgegriffen, konkretisiert und die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen.
Eine gewisse Systemsicht innerhalb der Bevölkerung ist beim Zukunftsbild ‚Fokussiert‘ nötig, damit die zwingend erforderlichen Veränderungen von der Gemeinschaft mitgetragen werden. Aufgrund der Energiewende stehen zudem große Veränderungen in großen Wirtschaftszweigen an. Die Weiterentwicklung des Bildungssystems unterstützt Bürger:innen dabei, ihr Leben bei den sich verändernden Rahmenbedingungen nachhaltig und erfolgreich zu meistern.