Illustration einer Frau mit Virtual Reality Brille, die mit einem HandScanner einen QR-Code auf einer KloPapierRolle scannt. Im HinterGrund eine LandSchaft in Parzellen, mit einem HochHaus, einem WindRad, einem Auto und einer rauchenden Fabrik.

Naturerleben

Illustration einer Frau mit Virtual Reality Brille, die mit einem HandScanner einen QR-Code auf einer KloPapierRolle scannt. Im HinterGrund eine LandSchaft in Parzellen, mit einem HochHaus, einem WindRad, einem Auto und einer rauchenden Fabrik.

Text (Stand 21.05.24)
Tina Heger
Annette Voigt

Lektorat
Lea Musiolek
Antonia Rötger

Review
Tanja Straka
Daniel Münderlein

Illustration
Joy Lohmann

Die Ausgangslage

Zu Beginn der 2020er Jahre waren Outdoor-Aktivitäten zwar sehr beliebt, aber wir konnten dabei vielfältige Natur nur eingeschränkt erleben. Sowohl in der Agrarlandschaft als auch im Wald dominierten Monokulturen.WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, Fischer, M., Fromhold-Eisebith, M., Grote, U., Matthies, E., Messner, D., Pittel, K., Schellnhuber, H. J., Schieferdecker, I., Schlacke, S., & Schneidewind, U. (2020). Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration. Hauptgutachten. (Hauptgutachten ISBN 978-3-946830-32-0) Daher war es kaum möglich, schöne, alte Bäume oder ‚wilde‘, sich frei entwickelnde Natur zu erleben. Abgesehen von einigen häufig vorkommenden Vogel- und Insektenarten waren auch wild lebende Tiere nur selten zu entdecken. In Schutzgebieten konnten wir Pflanzen und Tiere zwar in größerer Vielfalt sehen, ein intensives Erleben von Natur war dort aber wegen der zahlreichen Regelungen zum Schutz der Arten und Lebensräume ebenfalls schwierig. In den Städten waren Grünflächen selten, und zudem ungleich verteilt. Als Folge des verminderten direkten Kontakts mit wild lebenden Tieren und ungestörter Pflanzenwelt hatten viele von uns wenig Interesse für die Natur in ihrer Nähe.Soga, M., & Gaston, K. J. (2016). Extinction of experience: The loss of human–nature interactions. Frontiers in Ecology and the Environment, 14(2), 94–101. https://doi.org/10.1002/fee.1225

2040 – Was wir erreicht haben

Global ist die Naturzerstörung stark vorangeschritten und viele Arten sind verschwunden.

SIEHE AUCH: Vielfalt des Lebens

Aus einem Gutachten von 2020: „Der Druck auf die Landökosysteme durch Übernutzung und Nutzungskonkurrenzen war noch nie so groß wie heute. […] Ein beträchtlicher Teil der bewirtschafteten und natürlichen Landökosysteme ist bereits geschädigt und durch den Klimawandel und den Verlust biologischer Vielfalt weiter gefährdet. Dieser Trend ist insbesondere angesichts der gestiegenen Nachfrage vor allem nach tierischen Produkten alarmierend […]. Der Prozess der vom Menschen verursachten (anthropogenen) Landdegradation umfasst die langfristige Verschlechterung des Zustands terrestrischer Ökosysteme: Dies wiederum beeinträchtigt die biologische Produktivität, die ökologische Integrität und Biodiversität und damit auch den Nutzen für den Menschen […]. Angesichts der wertvollen Leistungen, die terrestrische Ökosysteme zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und dem Wohlergehen der Menschheit erbringen […], ist das äußerst besorgniserregend.“ WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, Fischer, M., Fromhold-Eisebith, M., Grote, U., Matthies, E., Messner, D., Pittel, K., Schellnhuber, H. J., Schieferdecker, I., Schlacke, S., & Schneidewind, U. (2020). Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration. Hauptgutachten. Hauptgutachten ISBN 978-3-946830-32-0

Unsere Agrarlandschaften sind aufgeräumt und unwirtlich, von Monokulturen geprägt. Die Wälder sind durch den Klimawandel in einem sehr schlechten Zustand.

SIEHE AUCH: Landnutzungswandel und Böden, Land- und Süßwasserökosysteme

Viele Städte werden nachverdichtet oder breiten sich bis weit ins Umland aus, da der Bedarf an Wohnraum immer noch steigt. Maßnahmen, um Städte an den Klimawandel anzupassen, kommen allmählich, allerdings nur langsam und unzureichend. Daher leiden wir zunehmend unter Hitze im Sommer, unter Überflutungen und Zerstörungen durch Starkregen. Auch fehlen uns Grünräume, die das Mikroklima verbessern und Entspannung in der Natur ermöglichen.

Im Städtebau bezeichnen die Begriffe Nachverdichtung und Innenverdichtung die Nutzung unverbauter Flächen im Bereich bereits bestehender Bebauung. Sie erfolgt zum Beispiel durch Aufstockungen von Stockwerken oder Dachgeschossausbau, Schließung von Baulücken oder die bauliche Nutzung von Gärten und Höfen. Dadurch wird die Bebauungsdichte, also der Wohnraum je verbauter Fläche, höher. Vorwiegend in Städten angewandt, ist Nachverdichtung meist ein Gegenkonzept zum Bauen in Stadtrandgebieten.

Wenn urbane Grünstrukturen vorhanden sind, reduzieren sie durch ihre nächtliche Kaltluftproduktion urbane Wärmeinseln, und Allee- und Parkbäume spenden Kühle durch ihren Schatten und ihre Verdunstungskühlung. Fassaden- und Dachbegrünung wirken dämmend, im Sommer sowie im Winter. Außerdem kann städtische Vegetation durch das Binden von Schadstoffen aus der Umgebungsluft direkt zur Verbesserung der Luftqualität beitragen, und einen substanziellen Beitrag zur Lärmminderung leisten.Naturkapital Deutschand – TEEB (UFZ Helmholtz Zentrum für Umweltforschung), Hansjürgens, B., Brenck, M., Dietrich, K., Moesenfechtel, U., Ratte, C., Ring, I., Schröter-Schlaack, C., & Schweppe-Kraft, B. (2016). Ökosystemleistungen in ländlichen Räumen—Grundlage für menschliches Wohlergehen und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. (ISBN: 978-3-944280-25-7)

Vielerorts müssen wir inzwischen Eintritt für Schutzgebiete zahlen, einerseits um die Schutzgebiete zu erhalten, andererseits aber auch, um die Besucherzahlen zu regulieren. Es empfiehlt sich, im Voraus Online-Tickets zu kaufen, weil bei schönem Wetter oft großer Andrang herrscht.

Biologische Vielfalt stellt ein wichtiges Kapital für Tourismusdestinationen dar, vor allem für die Nutzung zu Erholungszwecken.Pröbstl, U. (2010). Natura 2000, Sport und Tourismus in Europa. Herausforderungen, Optimierungspotenziale und beispielhafte Lösungen. Natur und Landschaft, 85(9/10), 402–407. Für ihren Schutz fehlt aber vielerorts Geld: Zum Beispiel werden Nationalparke aus dem Budget der Bundesländer finanziert, dieses ist aber zum Teil sehr knapp. Im Durchschnitt belaufen sich die jährlichen Ausgaben eines Nationalparks in Deutschland auf fünf bis sechs Mio. Euro.Nationale Naturlandschaften e.V. (2021). Kosten eines Nationalparks. Nationale Naturlandschaften. https://nationale-naturlandschaften.de/wissensbeitraege/kosten-eines-nationalparks Daher wird auch in Deutschland immer wieder über zusätzliche Einnahmequellen debattiert, wie zum Beispiel über Eintrittsgebühren für Nationalparks, wie sie auch heute in anderen Staaten (zum Beispiel Kanada, Australien und einige Parks in den USA) üblich sind. In vielen attraktiven und sensiblen Parks ist es auch heute schon gängig, die Besucher:innenzahlen zu limitieren; es sind Voranmeldungen notwendig (zum Beispiel Teide Nationalpark, Teneriffa).

Weil es an städtischen Grünflächen mangelt und Schutzgebiete kommerziell betrieben sind, ist es heute ein Privileg, Natur zu erleben. Viele können sich das nicht leisten. Die Outdoor-Aktivitäten, die 2020 noch viele Menschen mit Natur in Kontakt brachten, sind aus der Mode gekommen: Wintersportarten sind mangels Schnee selten möglich und dann sehr teuer. Im Sommer ist es oft zu heiß zum Wandern. Daher drängen viele im Urlaub in die kühleren Berg- und Küstenregionen, sodass Flächen in diesen Gebieten teilweise zu stark genutzt werden. Wer Geld hat, reist mit dem Flugzeug auf klimaschädliche Weise zu weit entfernten Regionen, um dort Natur zu erleben. Inzwischen ist weltweit der Zugang zu Naturräumen eingeschränkt und mit Eintrittsgebühren verknüpft. Umweltkatastrophen und Naturgefahren nehmen durch den fortschreitenden Klimawandel weltweit zu, was die Auswahl an Urlaubsorten weiter einschränkt.

In den letzten Jahren werben Tourismusorte in den Bergen und an den Deutschen Küsten zunehmend “Hitzeflüchtlinge” mit dem Verweis auf kühlere Nächte und frischere Brisen an. Bereits 2013 zeigte eine Untersuchung, dass die Tourismusbranche an der Ostseeküste aufgrund von “Hitzeflucht” aus den heißeren Gebieten Süd- und Westdeutschlands sowie der klimabedingt sinkenden Attraktivität der Mittelmeerregion einen hohen Besucheranstieg erwartet. Sie sehen die Herausforderungen vor allem in einem größeren Nutzungsdruck, da sich die zunehmende Zahl an Urlaubsgästen und Neubürger:innen in einem zusätzlichen Bedarf an Siedlungs- und Infrastrukturflächen niederschlagen werde. Gleichzeitig wird auch die Zunahme von Extremwetterlagen und ein damit verbundener Anstieg der Naturgefahren (zum Beispiel Küstenabtrag) als potenziell problematisch gesehen.Lupp, G., Heuchele, L., Konold, W., Renner, C., Pauli, P., & Siegrist, D. (2013). Biologische Vielfalt und Klimawandel als Herausforderung für Tourismusdestinationen. Wahrnehmung und Handlungsbedarf der Akteure in naturräumlich besonders wertvollen Beispielregionen Deutschlands. Naturschutz Und Landschaftsplanung, 45(3), 69–75. https://www.researchgate.net/publication/331918648_Biologische_Vielfalt_und_Klimawandel_als_Herausforderung_fur_Tourismusdestinationen_Wahrnehmung_und_Handlungsbedarf_der_Akteure_in_naturraumlich_besonders_wertvollen_Beispielregionen_Deutschlands Die Österreichische Hoteliervereinigung empfahl bereits 2008 die “Risiken des Klimawandels in Chancen umzumünzen”.ÖHV Österreichische Hoteliervereinigung, Reiter, A., & ZTB Zukunftsbüro. (2008). Hot Spots—Die Zukunft des alpinen Tourismus. (p. 12). ÖHV Österreichische Hoteliervereinigung / ZTB Zukunftsbüro. https://www.ztb-zukunft.com/fileadmin/files/Download/Szenarien/OEHV_zukunftsbroschuere.pdf “Im Sommer […] kann der heimische Tourismus künftig verstärkt von den Klimaflüchtlingen aus dem Süden profitieren. Touristenströme zieht es dann vom künftig unerträglich heißen (und veralgten) Mittelmeer in die temperierten Hochtäler und Seen der Alpen. Der Berg wird dann auch im Sommer cool. Dafür müssen attraktive Produkte rund um das Thema Berg & Wasser entwickelt werden.”ÖHV Österreichische Hoteliervereinigung, Reiter, A., & ZTB Zukunftsbüro. (2008). Hot Spots—Die Zukunft des alpinen Tourismus. (p. 12). ÖHV Österreichische Hoteliervereinigung / ZTB Zukunftsbüro. https://www.ztb-zukunft.com/fileadmin/files/Download/Szenarien/OEHV_zukunftsbroschuere.pdf

– Fontaine, Dominique (2017): Simulierte Landschaften in der Postmoderne. Reflexionen und Befunde zu Disneyland, Wolfersheim und GTA V; Springer VS, Wiesbaden
– Diverse Beiträge in WASD 2020 (Herausgeber: Christian Schiffer, Ina Weissenhorn, Markus Weissenhorn): „Natürlich. Flora, Fauna und Computerspiele“
– Rothfuss, David (2021): “Gelebte Realität in virtuellen Freiräumen”, in: Hennecke, Stefanie/Münderlein, Daniel (Hg.) (2021a): Freiraum in der Krise?! Eine Bestandsaufnahme in Zeiten der Covid-19-Pandemie, Kassel: Universität Kassel, S. 293-305.

In der Stadt sind die Sommer heiß und stickig, und die Menschen bleiben vorwiegend in ihren klimatisierten Wohnungen. Virtuelles Naturerleben wird immer beliebter, denn draußen ist es einfach zu heiß und echte Natur ist kaum zugänglich. In virtuellen Welten spielen wir Outdoor-Aktivitäten aus früheren Jahren nach. Wir erfreuen uns an den bunten Fantasiewelten, die Spielehersteller:innen geschaffen haben. Integrierte Gerüche nach Gras oder Wald simulieren Naturerleben. Die meisten Menschen sind zufrieden mit dieser Situation; Psychiater:innen, Ärzt:innen und Wissenschaftler:innen machen aber immer wieder auf die Veränderungen aufmerksam, die man bereits heute an den Menschen beobachten kann.

Der Genuss von Virtual Reality kann Gehirnfunktionen verändern.Kim, J.-Y., Son, J.-B., Leem, H.-S., & Lee, S.-H. (2019). Psychophysiological Alteration After Virtual Reality Experiences Using Smartphone-Assisted Head Mount Displays: An EEG-Based Source Localization Study. Applied Sciences, 9(12), 2501. https://www.mdpi.com/2076-3417/9/12/2501

Es gibt bereits heute Anbieter, die sich auf virtuelles Naturerleben per VR Brille spezialisiert haben, beispielsweise zur “Aktivierung oder Beruhigung von Senioren” (https://senopi.com/de/) oder zur Vermittlung von Wissen über Natur für Kinder (https://www.expedition-wilde-welten.de/). Virtual Reality Brillen ermöglichen, die Wahrnehmung von Tieren wiederzugeben (http://intheeyesoftheanimal.com/).
Auch spielen Natur und Landschaft in Computerspielen eine große Rolle. Die Naturräume, gerade in Open-World-Games, werden immer größer, komplexer und detaillierter und ermöglichen Outdoor-Aktivitäten aus dem realen Leben wie Zelten, Drachenfliegen oder Bootfahren (zum Beispiel Roblox backpacking). Inzwischen werden auch in Kampfspielen (zum Beispiel Ego Shootern) ansprechende virtuelle Naturkulissen inszeniert, zum Beispiel steinzeitliche Wildnis (Far Cry Primal). Andere Spiele stellen den Überlebenskampf in einer lebensfeindlichen Natur in den Mittelpunkt (zum Beispiel The Long Dark). Virtuelle Landwirtschafts-Simulatoren ermöglichen es, einen eigenen Bauernhof aufzubauen. Populär sind derzeit auch “Walking Simulators”, die es ermöglichen, (völlig ohne Kampf) umherzuschweifen und virtuelle Naturräume zu erkunden (Dear Esther; Call from the Sea),Faber, T. (2021, January 5). ‘Walking simulators’ offer a thoughtful alternative to combat and conflict. Financial Times. https://www.ft.com/content/dec053d9-9772-4369-991e-ab3ea3abe74e ohne Konflikte oder Gefahren für ihre Spielfigur. Ein Trend, der symptomatisch für diese Entwicklungen sein dürfte, ist Video Game Photography, die sich auch der Methoden der Landschaftsfotografie bedient und entsprechend versucht, Atmosphären virtueller Landschaften einzufangen.Hobbs, T. (2021). Are these stunning photos of imaginary worlds a new artform? [Fotos]. BBC. https://www.bbc.com/culture/article/20210521-are-these-stunning-photos-of-imaginary-worlds-a-new-artform Zudem ermöglichen Computerspiele und Simulationen, die menschliche Perspektive zu verlassen: In Untitled Goose Game wird man zur Gans, in Lost Ember zum Wolf. In Flower steuert der oder die Spieler:in aus der Egoperspektive heraus den Wind, der Blütenblätter aufwirbelt, vor sich her treibt und Blumen aufblühen lässt.

Die Maßnahmen, die wir auf den Weg brachten

Seit den 2020er Jahren hat die Naturzerstörung weltweit weiter zugenommen: Die Förderung der benötigten Rohstoffe wurde immer aufwändiger, und es wurden dafür auch bisher ungenutzte Gebiete erschlossen (zum Beispiel submariner Bergbau, Fischzucht, Abholzungen). Das galt auch für Deutschland und hatte weitreichende Folgen für unsere Möglichkeiten, Natur zu erleben.

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1 – Aufforstung: Aufgrund der starken Waldschäden durch Orkane, Dürre und Schädlingsbefall sowie der gesteigerten Nachfrage nach Holz mussten viele Flächen neu aufgeforstet werden. Dabei wurde nun zwar weniger Fichten- oder Kiefernmonokulturen und mehr hitze- und dürretolerante Mischwälder aus Laubbäumen und Douglasien angepflanzt. Gleichwohl blieb der deutsche Wald ein Sorgenkind, da die Wiederaufforstungen mit vielen Rückschlägen und Verlusten verbunden waren. Damit stehen immer weniger artenreiche, schöne Wälder für Naherholung und Naturerleben zur Verfügung.

Der überwiegende Teil von Wäldern in Deutschland besteht aus Monokulturen (Fichte, Kiefern und Buchen). Studien haben gezeigt, dass solche Monokulturen besonders anfällig sind für Dürre. Von Dürre geschwächte Bäume werden besonders häufig von Borkenkäfern und Krankheiten befallen.Sommerfeld, A., Rammer, W., Heurich, M., Hilmers, T., Müller, J., & Seidl, R. (2021). Do bark beetle outbreaks amplify or dampen future bark beetle disturbances in Central Europe? Journal of Ecology, 109(2), 737–749. https://doi.org/10.1111/1365-2745.13502
2018 und 2019 sind infolge von Dürren 285.000 Hektar Wald (2,5% der gesamten Waldfläche Deutschlands) abgestorben (Thünen-Institut: Wald Im Trockenstress: Schäden Weiten Sich Weiter Aus, 2021). Klimawandelprognosen zufolge wird es in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts vermehrt zu Dürren und damit zu starken Waldschäden kommen.

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2 – Umgang mit der Veränderung: Deutschlandweit haben der Klimawandel, die Bautätigkeit für Wohnen und Verkehr (besonders auf dem Land), die monokulturelle Landwirtschaft und die zunehmende Verwendung gebietsfremder Arten in Forst und Landschaftsbau das Aussehen unserer Landschaft stark verändert. Viele fühlen sich der sie umgebenden Landschaft deshalb nicht mehr verbunden. Das Artenspektrum veränderte sich auch durch die Einwanderung gebietsfremder, aber klimaangepasster Arten. Dies rief Reaktionen zwischen Faszination und Ablehnung hervor. Viele von uns begannen, unter diesen Veränderungen zu leiden.

Der Begriff “Solastalgie” beschreibt das “belastendes Gefühl des Verlustes, das entsteht, wenn jemand die Veränderung oder Zerstörung der eigenen Heimat beziehungsweise des eigenen Lebensraums direkt miterlebt.” Diese Gefühl kann sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirken. (https://de.wikipedia.org/wiki/Solastalgie)
In verschiedenen Kultur- und Kunstprojekten wird versucht, die Verluste zu thematisieren, und durch Hervorrufen starker Emotionen Menschen zum Handeln zu bringen (zum Beispiel http://www.boehler-orendt.com/b_et_o.html, https://www.lostspeciesday.org/)

3 – Verstädterung: Viele von uns verzichteten nach wie vor nicht auf ihr Auto, deshalb sind in den Städten immer noch viele Freiflächen verlärmt. Die Städte sind verdichtet und wachsen, nicht zuletzt wegen des Zuzugs von zahlreichen Flüchtlingen, die durch Kriege, Wasser- und Ressourcenmangel und Überschwemmungen aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Ausflüge in ruhige Natur(schutz)gebiete wurden immer beliebter, daher sind diese oft überfüllt.

Prognosen dazu, wie viele Menschen in Zukunft als Folge des Klimawandels ihre Heimat verlassen werden, sind schwierig. Eine Studie schätzte die Anzahl von Klimaflüchtlingen bis zum Jahr 2050 auf 200Mio. Menschen; diese Zahl ist jedoch umstritten.Kreienbrink, J., & Tangermann, A. (2019). Zur Prognose des Umfangs klimabedingter Migrationen | bpb Bundeszentrale für Politische Bildung. bpb Bundeszentrale für Politische Bildung. https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/286829/zur-prognose-des-umfangs-klimabedingter-migrationen
Derzeit besteht weitgehend wissenschaftlicher Konsens darüber, dass der Klimawandel schon heute erhebliche, negative Auswirkungen auf die Sicherheit und Stabilität von Staaten hat, die sich in einem schnellen Tempo weiter verstärken. Der Klimawandel und die durch ihn ausgelösten Probleme wirken dabei oft als Risikomultiplikatoren oder Konflikttreiber, die bereits bestehende Fragilitäts- und Konfliktrisiken weiter verstärken. Lücken bei der Wasserversorgung oder Nahrungsproduktion (zum Beispiel durch Dürre oder Überschwemmungen) verursachen oder verstärken schon heute gesellschaftliche Destabilisierung, zum Teil auch gewaltsam ausgetragene Konflikte.Rüttinger, L., & bpb Bundeszentrale für politische Bildung. (2020, October 26). Klimawandel als Risikomultiplikator und Konflikttreiber. bpb.de. https://www.bpb.de/themen/kriege-konflikte/dossier-kriege-konflikte/266613/klimawandel-als-risikomultiplikator-und-konflikttreiber/

Einige Menschen (allerdings in abnehmender Zahl) setzten sich für mehr Schutzgebiete ein, leider umsonst. Da der Klimawandel in den Städten immer häufiger zu Katastrophen führte, nahmen zwar die Forderungen nach Gebäude- und Straßenbegrünung, Flächenentsiegelung sowie Rückbau von Gewässerverbauung zu. Auch hier fehlte jedoch der politische Wille zur Umsetzung. Das umweltpolitische Engagement ging zwischen den zahlreichen gesellschaftlichen Problemen unserer Zeit unter. Um diese Probleme zu lösen, griffen wir meistens auf die üblichen Maßnahmen zurück, die zu weiteren Umweltbelastungen führten.

4 – Realitätsflucht und Radikalisierung: Insgesamt hat der Mangel an Begegnungsmöglichkeiten mit Natur zu einem Verlust an Wissen über Natur, Naturerfahrung und “Liebe zur Natur” geführt. Immer weniger von uns setzten sich deshalb für den Schutz der Artenvielfalt ein. Manche von uns begannen, sich nur noch durch virtuelle Ersatznaturen zu bewegen oder schwelgten in nostalgischen Verklärungen der Vergangenheit; einige radikalisierten sich im Kampf für mehr Naturschutz.

Einige Autor:innen argumentieren, dass das “Erleben der Natur” notwendig ist, um Interesse und Unterstützung für den Naturschutz zu wecken; umgekehrt kann ein “Aussterben von Erfahrungen”Miller, J. R. (2005). Biodiversity conservation and the extinction of experience. Trends in Ecology & Evolution, 20(8), 430–434. https://doi.org/10.1016/j.tree.2005.05.013 Pyle, R. M., & Louv, R. (2011). The Thunder Tree: Lessons from an Urban Wildland. Oregon State University Press Soga, M., & Gaston, K. J. (2016). Extinction of experience: The loss of human–nature interactions. Frontiers in Ecology and the Environment, 14(2), 94–101. https://doi.org/10.1002/fee.1225 die breite Unterstützung für den Naturschutz untergraben.

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