WimmelBild einer LandSchaft mit NahrungsPflanzen, Bienen, einem Fluss, einem Baum, Büschen, SolarModulen, LandWirtSchaftsDrohnen und Vögeln.

Landnutzungs-
wandel & Böden

WimmelBild einer LandSchaft mit NahrungsPflanzen, Bienen, einem Fluss, einem Baum, Büschen, SolarModulen, LandWirtSchaftsDrohnen und Vögeln.

Text (Stand 30.07.24)
Gregor Hagedorn
Tina Heger

Lektorat
Lea Musiolek
Isabel Schmittknecht
Katharina van Treeck
Andrea Kamphuis

Review
Lucie Chmelikova
Sebastian Wolfrum
Anonymus

Illustration
Carla Böwering

Die Ausgangslage

Noch in den 2020er Jahren verbrauchten wir ständig neue Flächen für Verkehr und Siedlungen, und die Landwirtschaft war voller eintöniger Monokulturen. Unsere vielen Wälder dienten vor allem der Forstwirtschaft und hatten wenig Artenvielfalt.Thünen-Institut. Pressemitteilung 24.02.2021: Wald im Trockenstress: Schäden weiten sich weiter aus – Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2020 zeigen: Die anhaltenden Dürrejahre fordern Tribut. https://www.thuenen.de/de/infothek/presse/aktuelle-pressemitteilungen/wald-im-trockenstress-schaeden-weiten-sich-weiter-aus/ (2021) Mit unserer intensiven wirtschaftlichen Nutzung der Natur hatten wir die biologische Vielfalt massiv verringertRaven, P. H. & Wagner, D. L. Agricultural intensification and climate change are rapidly decreasing insect biodiversity. PNAS 118, (2021) Wagner, D. L. Insect declines in the anthropocene. Annu. Rev. Entomol. 65, 457–480 (2020) Newbold, T. et al. Global effects of land use on local terrestrial biodiversity. Nature 520, 45–50 (2015) Tsiafouli, M. A. et al. Intensive agriculture reduces soil biodiversity across Europe. Glob Chang Biol 21, 973–985 (2015) und starke Bodenerosionen verursacht.Panagos, P. et al. The new assessment of soil loss by water erosion in Europe. Environmental Science & Policy 54, 438–447 (2015) Panagos, P. et al. Estimating the soil erosion cover-management factor at the European scale. Land Use Policy 48, 38–50 (2015)

In der Vergangenheit haben Grüne Revolution und Flurbereinigung bereits zu einem massiven Verlust von historischer Kulturlandschaft und biologischer Vielfalt geführt, sowie zu Bodendegradation durch Wind- und Wassererosion und einer Monotonisierung der Landschaft. Dies ist ein weltweites Muster der Umgestaltung von Landschaften.WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen et al. Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration. Hauptgutachten. 415 https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/landwende (2020) SRU Sachverständigenrat für Umweltfragen & WBBGR Wissenschaftlichen Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen. Für einen flächenwirksamen Insektenschutz. 51 https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2016_2020/2018_10_AS_Insektenschutz.html (2018) Heißenhuber, A., Haber, W. & Krämer, C. Umweltprobleme der Landwirtschaft – 30 Jahre SRU-Sondergutachten. 16 https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltprobleme-der-landwirtschaft-30-jahre-sru (2015)

Die Nationale Akademie der Wissenschaften schreibt: „Die Ursachen für den Rückgang an Tier- und Pflanzenarten liegen in einem Zusammenspiel vieler Faktoren: die Zunahme von ertragreichen, aber artenarmen Ackerbaukulturen, die vorbeugende und oft flächendeckende Nutzung von Pflanzenschutzmitteln, intensive Düngung, die Erhöhung der Schlaggrößen, der Verlust von artenreichem Grünland und ein struktureller Wandel der Nutztierhaltung hin zu größeren Betrieben mit weniger Weidehaltung, der Verlust der Strukturvielfalt der Landschaft, aber auch der Verlust der Vernetzung von Schutzgebieten. Diese Ursachen sind im Wesentlichen bedingt durch die Intensivierung der Landnutzung und durch biologisch-technische Innovationen für die Erreichung von Produktionszielen“Leopoldina, acatech, & Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Energiewende 2030: Europas Weg zur Klimaneutralität. https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2020_Energiewende_2030_Final.pdf (2020) [Seite 3].

Moore und Auwälder, die ebenso wie der Wald Kohlenstoff speichern, waren auf etwa 5 % ihrer ursprünglichen Fläche reduziertNABU – Naturschutzbund Deutschland e.V. Moore in Deutschland – Entstehung und Zerstörung der heimischen Moorlandschaften. Moore in Deutschland https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/moore/deutschland/index.html (2021) und beschädigt. Nationalparks bedeckten lediglich 0,5 % der Landfläche.BfN Bundesamt für Naturschutz. Handlungserfordernisse zur Ausgestaltung des nationalen GAP-Strategieplans. https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/Dokumente/20210108_Positionspapier_GAP2023.pdf (2021)

Das Klimaschutzgesetz von 2021 schreibt für die Ökosysteme (Landwirtschaft, Forst, Moore etc.) in Deutschland eine CO2-Senkenleistung von mindestens 25 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten im Jahr 2030, 35 Mio. Tonnen im Jahr 2040 und 40 Mio. Tonnen im Jahr 2045 vor. Zwischen 2010 und 2019 lag die Senkenleistung im Mittel bei etwa 19 Mio. Tonnen CO2-ÄquivalentenUBA Umweltbundesamt. Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen. https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/gesellschaftliche-kosten-von-umweltbelastungen (2021)

Und wozu das alles? Ungefähr die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche erzeugte Tierfutter. Gleichzeitig lieferten uns tierische Nahrungsmittel einen vergleichsweise kleinen Anteil der benötigten Nährstoffe.FAO Food and Agriculture Organization of the United Nations. FAOSTAT Food and agriculture data. FAOSTAT Food and Agriculture Organization of the United Nations http://www.fao.org/faostat/en/#data (2021) Fläche ist endlich. Durch die Tierfutterproduktion blieb uns wenig Raum für den Anbau von Nahrungsmitteln und Rohstoffen, für Infrastruktur und so weiter.

Deshalb haben Bürger:innen, Wirtschaft und Politik in einer gemeinsamen Kraftanstrengung gehandelt.

2040 – Wir haben schon viel erreicht

Unsere Landschaft ist klima- und naturschützend gestaltet. Sie ist so vielfältig wie ästhetisch schön und hat einen großen Erholungswert für den Menschen. Äcker, Grünland und Wälder sind kleinflächig verzahnt und durchsetzt von Hecken und Feldgehölzen. Sie bieten Tieren, Pflanzen und Pilzen einen vielfältigen Lebensraum.

Häufig wird gefordert, unsere intensiv genutzte Landschaft in eine multifunktionale Agrarlandschaft zu verwandeln. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Vielfalt in den Ackerfrüchten, kleine Anbauflächen und Strukturvielfalt die Biodiversität in der Agrarlandschaft massiv erhöhen können (zum BeispielMartin, A. E. et al. Effects of farmland heterogeneity on biodiversity are similar to—or even larger than—the effects of farming practices. Agriculture, Ecosystems & Environment 288, 106698 (2020) Sirami, C. et al. Increasing crop heterogeneity enhances multitrophic diversity across agricultural regions. Proceedings of the National Academy of Sciences 116, 16442–16447 (2019)). Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) fordert deshalb auch Regelungen, die sicherstellen, dass jeder landwirtschaftliche Betrieb mindestens fünf Feldfrüchte anbaut, und mindestens 10 % (ideal wären 20 %) seiner Fläche als ökologisch wertvolle Fläche bereitstellt.BfN Bundesamt für Naturschutz. Handlungserfordernisse zur Ausgestaltung des nationalen GAP-Strategieplans. https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/Dokumente/20210108_Positionspapier_GAP2023.pdf (2021) Für Illustrationen einer multifunktionalen Agrarlandschaft siehe zum Beispiel das TUM Student Project II.https://symbioscene.com/transdisciplinary-student-project-outcome/ (Kontakt: t.heger@wzw.tum.de)

Die Förderung der Artenvielfalt, sowohl im Boden als auch oberhalb, ist ein wichtiges Ziel von Land- und Forstwirtschaft. Die positiven Wechselwirkungen von Biodiversität, landwirtschaftlicher Produktion, Klimaschutz und menschlichem Wohlergehen sind inzwischen allgemein bekannt und werden beachtet.

Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen reinigen Wasser und Luft und sorgen dafür, dass Böden auch ohne hohen Düngereinsatz fruchtbar bleiben.

Zugleich werden weiter genug Nahrungsmittel und Rohstoffe produziert. Die Effizienz konnte durch eine starke Reduktion der ineffizienten tierischen Produkte, durch modernste Technik und Digitalisierung aufrechterhalten werden. In der Präzisionslandwirtschaft unterstützen auch Drohnen aus der Luft die Bewirtschaftung. So können Dünge- und Pestizidmengen natur- und klimaverträglich minimiert und Erntezeitpunkte optimiert werden.

Nachhaltige Landbewirtschaftung muss nicht bedeuten, zu traditionellen, arbeitsaufwändigen Techniken zurückzukehren. Landwirtschaftliche Techniken entwickeln sich weiter und Innovation kann einen großen Beitrag zur Agrarwende leisten. Von hoher Bedeutung sind hierfür gezielte staatliche Investitionen in Digitalisierung und technische Weiterentwicklung, und die freie Bereitstellung dieser neuen Entwicklungen (Open-Source-Hard- und Software). Dies könnte die Präzisionslandwirtschaft entscheidend voranbringen. So kann viel standortgerechter und situationsangemessener gewirtschaftet werden. Durch den Einsatz dieser Technologien wird eine sehr hohe Effizienz beim landwirtschaftlichen Anbau von Nahrungs- und Futtermitteln sowie nachwachsenden Rohstoffen erzielt. Großflächige Agrophotovoltaik, die ebenfalls auf den Äckern Platz findet, kann diese Effizienz weiter steigern. Idealerweise würden diese und andere Bewirtschaftungsweisen zusammen mit ökologischer Landbewirtschaftung mosaikartig angewendet werden. Ziel einer Landnutzungswende sollte eine multifunktionale Agrarlandschaft sein, in der Nahrungsmittelproduktion, Biodiversitätsschutz, Energiebereitstellung (Agri-Photovoltaik) und Erholungsnutzung gleichermaßen wichtig sind.

Der Flächenverbrauch und der ländliche Strukturwandel (zum Beispiel das Höfesterben) wurden durch neue Gesetzgebung gestoppt. Im Rahmen einer groß angelegten Entsiegelungskampagne wurden in Städten, Siedlungen und Gewerbegebieten Parkplätze, Innenhöfe, Verkehrsinseln und andere Flächen von Steinen und Beton befreit.

Entsiegelung von Böden fördert die Biodiversität sowie eine Vielzahl von Ökosystemleistungen und trägt damit erheblich zur Umweltentlastung und Klimaanpassung bei.Naturkapital Deutschand – TEEB (UFZ Helmholtz Zentrum für Umweltforschung) et al. Ökosystemleistungen in ländlichen Räumen – Grundlage für menschliches Wohlergehen und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. 372 https://www.ufz.de/export/data/global/190505_TEEB_DE_Landbericht_Langfassung.pdf (2016) Unversiegelte Böden in der Stadt können CO2 fixieren und damit einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.Romzaykina, O., Vasenev, V., Andrianova, D., Neaman, A. & Gosse, D. The Effect of Sealing on Soil Carbon Stocks in New Moscow. in Proceedings of the Smart and Sustainable Cities Conference 2018 – Green Technologies and Infrastructure to Enhance Urban Ecosystem Services (eds. Vasenev, V., Dovletyarova, E., Cheng, Z., Valentini, R. & Calfapietra, C.) 29–36 (Springer International Publishing, 2020). doi:https://doi.org/10.1007/978-3-030-16091-3_5

Flächenverbrauch für Siedlung und Verkehr entsteht, wenn staatliche Behörden Baugenehmigungen oder Planfeststellungen für Gebäude, Anlagen und Straßen erteilen oder wenn Gemeinden mit Bebauungsplänen Baugebiete ausweisen. Eine Möglichkeit, Flächenverbrauch effektiv zu stoppen, könnte die Einführung von Flächenzertifikaten sein.Köck, W., Bovet, J. & Tietz, H. Mengensteuerung der baulichen Flächenneuinanspruchnahme – zur Notwendigkeit eines Flächenzertifikatehandelsgesetzes. ZUR 29, 67–75 (2018) Kommunen bekämen dann sogenannte Flächenausweisungsrechte in Form von Zertifikaten zugeteilt – eine Ausweisung von Bauland wäre dann nur in dem Umfang möglich, in dem noch Zertifikate vorhanden sind.Bizer, K. et al. Projekt FORUM: Handel mit Flächenzertifikaten. 272 https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/projekt-forum-handel-flaechenzertifikaten (2013)

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Wir haben unsere Städte durch veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen und Förderpakete grüner gemacht. Die Menschen bauen vielerorts in der Stadt ihr eigenes Obst und Gemüse an. Stadtnahe Gebiete werden unter Einbindung der Bürger:innen nachhaltig bewirtschaftet, und auch Landwirtschaft in der Stadt (Urban Agriculture) wird gefördert und durch Bildungsmaßnahmen gestärkt.

Besonders für Flächen in Stadt- und Siedlungsnähe ist der biointensive Gemüsebau eine interessante Alternative zum konventionellen Anbau.BLE Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Ökolandbau.de – Das Informationsportal. Biointensiver Gemüsebau. https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/pflanze/grundlagen-pflanzenbau/biointensiver-gemuesebau/ (2021) Hier werden beispielsweise Fruchtfolgen optimiert und Früchte in Mischkultur angebaut, sodass wir trotz biologischer Bewirtschaftung maximale Erträge auf minimaler Fläche erzielen. Agroforstwirtschaft kombiniert Ackerbau oder Tierhaltung mit Forstwirtschaft oder Obstanbau. Diese Technik kann zu Ertragssteigerungen führen und die erhöhte Strukturvielfalt fördert die Biodiversität,DeFAF Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft. Was ist Agroforstwirtschaft? Was ist Agroforstwirtschaft? https://agroforst-info.de/agroforstwirtschaft/ (2021) was diese Bewirtschaftungsform besonders in Siedlungsnähe attraktiv macht. Relevant können auch evidenzbasierte Formen von Permakultur sein. Diese setzen meist auf Handarbeit statt auf große Maschinen und betrachten Menschen als Teil des landwirtschaftlichen Systems. Unter Verzicht auf mineralische Dünger und Pestizide kann man natürliche Kreisläufe für die landwirtschaftliche Produktion aktivieren und nutzen.Ferguson, R. & Lovell, S. Permaculture for agroecology: Design, movement, practice, and worldview. A review. Agronomy for Sustainable Development 34, 251–274 (2014) Whitefield, P. THE EARTH CARE MANUAL – A Permaculture Handbook For Britain & Other Temperate Climates (Permaculture magazine). (Permanent Publications, 2011). Permakultur Institut e.V. Was ist Permakultur? https://permakultur.de/was-ist-permakultur/ (2021) Besonders im Randbereich von Siedlungen könnten Permakulturbetriebe Menschen einen Ausgleich vom städtischen Leben bieten. Food Forests können ebenfalls einen Beitrag leisten zur Umgestaltung und Begrünung von Städten und Siedlungen. Hier werden mehrjährige, essbare Nutzpflanzen nach dem Vorbild von Wäldern stockwerkartig zusammengestellt.Project Food Forest. What is a food forest? Project Food Forest https://projectfoodforest.org/what-is-a-food-forest/ (2021)

Auch die Wälder entwickeln wir gezielt weiter, hin zu mehr Naturnähe. Wir wandeln ehemalige forstliche Monokulturen in artenreiche und vielfältige Wälder um und bewirtschaften sie weitgehend nachhaltig. Großflächige Renaturierungsmaßnahmen wurden auch in anderen Ökosystemen staatlich massiv gefördert und insbesondere von Landschaftspflegeverbänden umgesetzt.

01 – Renaturierung der Isar in München Link
02 – Renaturierung des Inn Link
03 – Renaturierung von Mooren (zum Beispiel Link)
04 – Renaturierung von Kalkmagerrasen (zum Beispiel Link)
05 – Waldrenaturierung (zum Beispiel Link)

Dies betrifft zum Beispiel Moore, Wiesen, Weiden, Auen und andere Feuchtgebiete. Die renaturierten Gebiete nutzen wir für die nachhaltige und effiziente Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen, Niedermoore zum Beispiel für Paludikultur, also den “nassen Anbau”, oder als Kombinationsflächen für Photovoltaik und Biodiversität (sogenannte Paludi-PV).

Renaturierung kann auf viele verschiedene Weisen durchgeführt werden. Nimmt man ehemalige Moorflächen aus der Nutzung, kann man diese wieder vernässen und nach und nach moortypische Arten wieder ansiedeln. Grünländer kann man zum Beispiel durch Mahdgutübertragung oder Einsaat regionaler, standorttypischer Arten wieder hin zu mehr Vielfalt entwickeln. Forstliche Monokulturen können durch gezielte Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen zu naturnahen Wirtschaftswäldern oder auch zum „Urwald von morgen“ umgewandelt werden.Kollmann, J., Kirmer, A., Hölzel, N., Tischew, S. & Kiehl, K. Renaturierungsökologie. (Springer Spektrum Verlag, 2019). Renaturierung kann damit dem Biodiversitätsschwund entgegenwirken. Renaturierte Flächen sind außerdem in der Regel wesentlich bessere Kohlenstoffsenken als degenerierte oder intensiv genutzte Flächen.

Die Maßnahmen, die uns auf den Weg brachten

Zu Beginn leiteten wir mit einer Neuausrichtung der nationalen Agrarpolitik die Agrarwende ein. Während die EU noch 2021 gegen die Empfehlungen der Wissenschaft das alte biodiversitäts- und klimazerstörende Anreizsystem bestätigte, wurde diese zu langsame und gescheiterte Politik schon wenige Jahre später umgeworfen. In den folgenden Jahren setzen wir die Ideen des Green New Deals und der Bioökonomie konsequent um.

Siehe Pe’er, G. et al. Action needed for the EU Common Agricultural Policy to address sustainability challenges. People and Nature 2, 305–316 (2020)

Der Begriff Green New Deal bezeichnet Konzepte, mit denen eine ökologische Wende weg von der Industriegesellschaft eingeleitet werden soll. Siehe auch Link

Bioökonomie ist die Transformation von einer marktwirtschaftlichen Erdöl-basierten Wirtschaft hin zu einer Marktwirtschaft, in der fossile Ressourcen durch verschiedene nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden. Siehe auch Link

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Auf der Basis eines Bewusstseinswandels für mehr Nachhaltigkeit wurden Wirtschaft, Klimaschutz und Umweltschutz nicht mehr als gegensätzlich angesehen, sondern nachhaltiges Wirtschaften in der ganzen Gesellschaft durchgesetzt. Bereits 2019–2021 erarbeiteten in der Zukunftskommission Landwirtschaft Vertreter:innen aus Landwirtschaft, Umweltschutz, Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam Vorschläge für Wege in eine nachhaltige Zukunft. Auch die Supermarktregale veränderten sich drastisch: Klimaschonende und nachhaltige Produkte haben konventionelle Produkte zum großen Teil verdrängt. Dieses Umdenken machte einen integrierten Landschaftsansatz möglich, bei dem Ernährungssicherung, Energiegewinnung, Klimaschutz sowie Erhaltung und Entwicklung biologischer Vielfalt zusammen gedacht wurden.

Der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung schlug 2020 in einem Gutachten globale Umweltveränderungen vor und führte sie detailliert aus. Dies war die Vision eines systemischen, synergistischen und solidarischen Umgangs mit Land (integrierter Landschaftsansatz).WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen et al. Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration. Hauptgutachten. 415 https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/landwende (2020) Fünf Mehrgewinn-Strategien sollen helfen, Konkurrenzen zwischen Nutzungsansprüchen zu überwinden: Renaturierung, Ausweitung und Aufwertung von Schutzgebieten, Diversifizierung von Landnutzungssystemen, Transformation der Ernährungsstile und verantwortungsvolle Bioökonomie. Das Gremium sieht es als notwendig an, diese Mehrgewinn-Strategien insbesondere durch die Setzung geeigneter Rahmenbedingungen, eine Neuorientierung der EU-Politik und die Errichtung von Gemeinschaften gleichgesinnter Staaten global voranzutreiben.WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen et al. Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration. Hauptgutachten. 415 https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/landwende (2020)

Hierzu mussten wir damals folgende Maßnahmen ergreifen und auf vielen Ebenen mitziehen:

01 – Investition in die Digitalisierung der Landwirtschaft: Um die Flächen optimal zu nutzen, ein Schlüssel-Baustein der Veränderungen, investierte der Staat gezielt in Digitalisierung, technische Weiterentwicklung und die freie Bereitstellung entsprechender Open Source Hard- und Software.
02 – Entwicklung eines Gesamtkonzeptes: Um alle Beteiligten einzubinden, entwickelten bestehende oder neu gegründete Landschaftspflegeverbände ein umfassendes Gesamtkonzept für die Landbewirtschaftung. Ihr politisch vorgegebenes Ziel dabei: negative Einflüsse auf Natur und Umwelt auf ein Minimum beschränken.
03 – Bewusstseinswandel durch Förderung: Um das neue Umweltbewusstsein voranzubringen, etablierte die EU eine attraktive Förderung für Gemeinwohlleistungen, also solche Leistungen, die zwar nicht direkt Gewinne bringen, aber der Gemeinschaft dienen. Die traditionelle Flächensubventionierung von Großbetrieben wurde innerhalb einer 10-jährigen Übergangsfrist vollständig eingestellt. So entstand ein starker Anreiz für Betriebe, auf Klima-, Umwelt- und Naturschutzleistungen zu setzen.
04 – Bekenntnis zur Kreislaufwirtschaft: Um Verschwendung zu reduzieren, förderte Deutschland gezielt Zusammenschlüsse zwischen landwirtschaftlichen Betrieben und lebensmittelproduzierenden Gewerben. So ließen sich Lagerhaltung und Logistik optimieren und Nährstoffe konnten besser wiederverwendet werden. Gestützt wurde dies durch gesellschaftliche Initiativen zur Weiternutzung von Nahrungsmittelresten.
05 – Gezielte Bildungsmaßnahmen und eine neue Preispolitik sowie eine stärkere Steuerung der Preise konnten die Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung beeinflussen. Zu den Maßnahmen zählten die Etablierung eines hohen Tierwohlstandards, ökologische oder regionale Produktion, gesundheits- und klimaorientierte Abgaben, hohe Klima- und Sozialstandards (zum Beispiel Fair Trade) und die Förderung nachhaltiger Verpackungen.

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Landschaftspflegeverbände sind Zusammenschlüsse von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, Naturschutzverbänden und Wasserversorgern. Es gibt sie seit den 1980er Jahren. Es sind gemeinnützige Organisationen, in denen Vertreter:innen von Land- und Forstwirtschaft, Kommunalpolitik und Naturschutz gleichberechtigt zusammenarbeiten, um die für die jeweilige Region typische Kulturlandschaft mit ihrer biologischen Vielfalt zu erhalten, zu entwickeln und mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen (Link,Metzner, J. & Krettinger, B. Die Land(wirt-)schaft der Zukunft. ANLiegen Natur 42, 57–60 (2020)). Künftig sollten auch kleine wie große Energieversorger einbezogen werden.

Genau dies wurde erst kürzlich wieder vom Bundesamt für Naturschutz in Bezug auf Landwirtschaft gefordert.BfN Bundesamt für Naturschutz. Handlungserfordernisse zur Ausgestaltung des nationalen GAP-Strategieplans. https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/Dokumente/20210108_Positionspapier_GAP2023.pdf (2021) Wichtig ist demnach insbesondere, extensiv genutztes Dauergrünland und besonders artenreiche (Acker-)Standorte zu erhalten und besonders auch deren Nutzungsaufgabe zu vermeiden. Bei Umbruch von Grünland in Acker gehen nicht nur Lebensräume verloren, sondern es werden außerdem große Mengen von CO2 frei. Viele biodiversitätsförderliche Bewirtschaftungsmethoden werden heute noch durch gesetzliche oder finanzielle Hürden ausgebremst. Gesetze, Programme und Fördersätze müssen deshalb auch aus Klimaschutzgründen überarbeitet werden, sodass eine biodiversitätsfreundliche, nachhaltige und an die Region angepasste Landbewirtschaftung zur Regel werden kann.BfN Bundesamt für Naturschutz. Handlungserfordernisse zur Ausgestaltung des nationalen GAP-Strategieplans. https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/Dokumente/20210108_Positionspapier_GAP2023.pdf (2021) Ein entsprechender Vorschlag ist, dass Landwirt:innen, die Klima-, Umwelt- oder Biodiversitätsschutzmaßnahmen umsetzen, mit einer Gemeinwohlprämie honoriert werden könnten.DVL Deutscher Verband für Landschaftspflege e.V. Gemeinwohlprämie. Ein Konzept zur effektiven Honorierung landwirtschaftlicher Umwelt- und Klimaschutzleistungen innerhalb der Öko-Regelungen in der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) nach 2020. vol. 28 28 https://www.dvl.org/fileadmin/user_upload/Themen/1_Agrarpolitik/Gemeinwohlpr%C3 %A4mie/DVL-2019-Gemeinwohlpraemie.pdf (2020)

Die Ideen zur Kreislaufwirtschaft in der Landwirtschaft entstammen dem Szenario 4 aus Kirov, M. et al.Kirova, M. et al. Research for AGRI Committee – Megatrends in the agri-food sector. http://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document.html?reference=IPOL_STU(2019)629205 (2019) Die Kreislaufwirtschaft beinhaltet zum Beispiel die Nährstoffrückgewinnung aus Kläranlagen, aber auch ein umfassendes System zur Gewinnung hochwertiger Komposte.

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