Text
Dirk Solte
Lektorat
Carla Klocke
Review
Hartmut Graßl
Jochen Luhmann
Illustration
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2040 – Wir haben schon viel erreicht
Die Zusammenhänge zwischen Natur – Kultur – Futur (Geld) und damit die aktuelle globale Gesamtsituation in ihrer existenzbedrohenden Problematik zu verstehen, ist ein Menschenrecht. Ein umfassender bildungspolitischer Wandel hat dazu geführt, dass die Erläuterung dieser wichtigen Zusammenhänge heute fester Bestandteil aller Lehrpläne ist.
Geld, das wissen wir heute, ist gleichsam „Futur“.
Futur ist die quantifizierte („monetäre“) Erwartung zukünftiger Wertschöpfung. Jede Geldeinheit ist ein Versprechen auf einen Anteil an der zukünftigen Wirtschaftsleistung, am „Kuchen“, der mittels Kultur und Natur für Konsum oder Investition produziert werden kann bzw. wird. Seit Jahrzehnten wächst pro Jahr die Geldmenge schneller als die Wirtschaftsleistung. Das führt zu steigenden Versprechen auf zukünftige Wertschöpfung, ohne dass die natürlichen Ressourcen entsprechend zunehmen (Eichhorn; Solte, 2015; Solte, 2009a; Solte, 2009b)
Wertschöpfung kann nur durch die Kombination von Produktionsfaktoren, das heißt Kultur (Wissen, Technologie, Produktion, Arbeit) und Natur, entstehen, nicht durch Finanzvermögen.
Die Produktionsfaktoren „Natur“ und „Kultur“ stellen im Gegensatz zum Geld gleichsam unser „Potenzvermögen“ dar; nur dieses Potenzvermögen ist das Fundament unseres Wohlstands.
Der Begriff „Potenzvermögen“ grenzt die zur Wertschöpfung fähigen Produktionsfaktoren vom Finanzvermögen (ohne Wertschöpfungsfähigkeit) ab. Ausschließlich dieses Potenzvermögen ist als Maßgröße einer „ökosozialen“ Wertschöpfungsfähigkeit geeignet. Nur an dem kann man teilhaben, was man mittels Kultur (Wissen und Technologie, Produktionsverfahren und -anlagen, menschliche Arbeitsleistung) unter Verwendung von Natur für konsumptive Zwecke leisten kann, ohne den Lebensraum zu zerstören
Aus dieser bei den Wählenden verankerten Erkenntnis hat der „Werteverbund der Demokratien“ – ein Bündnis, das der um die Umweltrechte und -pflichten ergänzten Universellen Erklärung der Menschenrechte Verfassungsrang verliehen hat1 – gemeinsame regulatorische Konsequenzen ziehen können (ebd. Kapitel 11). Durch diese haben wir bei den Finanzen den Durchbruch geschafft und sind auf einem guten Weg zu:
01 – einer stabilen Finanzierung der sozialen Sicherung, der Verteidigung und der Resilienztransformation
02 – einer gemeinwohlorientierten – sanften – Entschuldung (Reduktion der Gesamtmenge „Futur“)
03 – Investitionen in mehr Potenzvermögen für ökosoziale Wertschöpfung
Die Debattenkultur hat sich dadurch versachlicht. Es geht in der öffentlichen Diskussion um Kennziffern zum Wachstum von Ökoeffizienz und Potenzvermögen, und um die Verwendungs-Balance der Jahreswertschöpfung für bedingungslose Grundpartizipation, Gesamtkonsum und Investition.
Studien zeigen schon in den 20er Jahren, dass eine höhere Investitionsquote langfristig Wirtschaftswachstum und soziale Stabilität fördert (OECD, 2020; Krebs & Scheffel, 2017)
Welcher Teil ist Konsum, welcher Teil davon bedingungslose Grundpartizipation (ein nicht über Geld definiertes Grundeinkommen für eine Teilhabe am Konsum, die sich aus dem Recht auf Natur ableitet (Solte, 2009a)) und wieviel wird in das Potenzvermögen (re-)investiert?
Die bedingungslose Grundpartizipation ist eine etwas andere Form eines bedingungslosen Grundeinkommens. Ein „Einkommen“ ist monetär, der „Kuchen-Anteil“ daher von der Gesamtgeldmenge abhängig und schwankend. Die Grundpartizipation ist in Relation zum Kuchen fix und leitet sich aus a) der Armutsdefinition und b) der realen Wertschöpfung (unter Beachtung der Umweltrestriktionen) ab.
Die Umstellung der sozialen Sicherung auf eine ökologisch, ökonomisch und sozial balancierte Umlage gestaltet sich trotz aller Erfolge in der Erziehung und Bildung für nachhaltige Entwicklung und Wohlstand schwierig.
Die besitzstandwahrenden Gruppen stehen dem eingeschlagenen Weg einer Reform entgegen. Jedem ist aber klar: Es ist – nur noch – eine Frage der Zeit, bis die Reform durchgesetzt werden kann!
Die junge Generation – mit zunehmend wachsender ideeller Unterstützung – setzt sich jedoch für einen Vorschlag ein, der die Teilhabe, orientiert an Wertschöpfungsfähigkeit und Ökoeffizienz, mit einer Lebensleistungskomponente regeln will: Jede:r soll ab der Geburt Teilhabe-Anspruchspunkte erhalten, die 50% der durchschnittlichen gesamtvolkswirtschaftlichen Wertschöpfung für konsumtive Zwecke abdecken (=> Bedingungslose Grundpartizipation; s.o.). Weitere Anspruchspunkte können im Lebensverlauf erworben werden. Die Ökoeffizienz des Potenzvermögens eines Arbeitgebers bestimmt dabei den Anreiz für Erwerbstätigkeit, da die zusätzlichen Teilhabe-Anspruchspunkte davon abhängen. Eine höhere Ressourceneffizienz führt so zu mehr Teilhabe. Das zentrale Problem bleibt jedoch auch 2040 die ungleiche Verteilung von Ressourcen und wirtschaftlicher Teilhabe.
Heute (2040) leben schon ca. 9,5 Milliarden Menschen auf diesem Planeten, 1960 waren es drei Milliarden und 1832 nur eine Milliarde (United Nations, n.d.). Vor etwa 80 Jahren hat die gesamte Menschheit die Hälfte der Naturleistung eines Jahres für die Produktion und den Konsum von Waren und Dienstleistungen für sich beansprucht, heute nutzen wir Jahr für Jahr die Naturleistung von zwei Jahren, also das Vierfache. Vor 30 Jahren (2010) haben gerade einmal etwa 20% aller lebenden 7 Milliarden Menschen zusammen mehr als 80% der aktuellen Jahreswirtschaftsleistung unserer Kultur (Wissen und Technologie, Produktionsverfahren und -anlagen, menschliche Arbeitsleistung) konsumiert (Parlamentskorrespondenz, 2016). Somit war die Teilhabe der restlichen 80% weniger als ein Fünftel. Die stärksten Volkswirtschaften der Welt hatten auch einen Anteil von ca. 80% an der weltweiten Wertschöpfung bei gerade einmal ca. 535 Millionen Erwerbstätigen (Bauer-Hailer; Debes, 2020). Daraus kann gefolgert werden, dass das damalige gesamte Weltbruttoinlandsprodukt mit weniger als 700 Millionen Erwerbstätigen hätte geleistet werden können. Dem stehen im Jahr 2040 aber bereits über sieben Milliarden Menschen im arbeitsfähigen Alter gegenüber.
Die Maßnahmen, die uns auf den Weg gebracht haben
Die Corona-Pandemie, die kriegerischen Konflikte in Europa sowie zunehmende Radikalisierung und Nationalismus in den 2020er Jahren haben die Dringlichkeit einer Transformation „fühlbar“ gemacht. Besonders die Bedrohung globaler Normen und Vereinbarungen und große Probleme bei der Finanzierung, insbesondere der Verteidigung und der Resilienz (Europäische Kommission, n.d.; Europäische Union, n.d.), zwangen zum Umdenken.
Viele glaubten, dass die Wirtschaft sich ohne grundlegende Reformen stabilisieren würde. Die Multikrise der 2020er Jahre widerlegte dies (Sachs 2021).
Die Erkenntnis „Wenn die Probleme einfach wären, hätten wir sie schon längst gelöst“ hat in der Wissenschaft eine Transformation zum vernetzten Denken ausgelöst. Im Ergebnis wurden für alle Bildungsstufen Lehrpläne für „Holismus und Balance“ abgestimmt und politisch bis 2035 vollständig verankert. Ein zentrales Bildungsziel: das Verständnis von Geld, Wertschöpfung und Natur (McLeay et al. 2014; Solte, 2009c; Solte, 2011; Solte 2015b).
Wissenschaft und Forschung
Parallel setzte die Wissenschaft eine Reform der Rechnungslegung und Berichterstattung im Schulterschluss mit der International Financial Reporting Standards (IFRS)-Stiftung um. Ein zentrales Element war dabei die neue Definition eines „Potenzwerts“, der das in einem Vermögensgegenstand liegende Wertschöpfungspotenzial quantifiziert.
Die (monetäre) Bewertung aller Positionen in einer Bilanz ist ein hochkomplexes Thema von äußerster Wichtigkeit. Der im zweiten Jahrtausend international geltende Standard ist der „fair value“, der einen besonderen „Geldschleier“ mit einer „Vermögensillusion“ über alle Bilanzpositionen breitet (Solte 2015a.). Es findet bei dem sogenannten „mark to market“ eine ausschließliche Bewertung in Geldeinheiten statt, die davon ausgeht, dass es zu jeder Zeit möglich ist, die so bewertete Besitzkomponente auch zu diesem Preis verkaufen zu können. In der Weltfinanzkrise 2007-2008 war genau das Platzen dieser Vermögensillusion durch „fair value“ ein entscheidender Auslöser, da beispielsweise der „Marktpreis“ von Immobilien drastisch einbrach (Eichhorn & Solte 2009). Zur „Rettung“ von Banken, deren Aktivpositionen in der Bilanz massiv nach unten zu bewerten gewesen wären, wurde sogar die Verpflichtung der Fair-Value-Bewertung mit der Begründung eines „Marktversagens“ ausgesetzt. Der „Potenzwert“ einer Vermögensposition soll keine monetäre Bewertung sein, sondern eine Messgröße für die Wertschöpfungsfähigkeit. Geld, jegliches Finanzvermögen, hat dabei einen Potenzwert von Null!
In den Bilanzen des privaten und staatlichen Sektors der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung werden seitdem für die öffentliche Kommunikation und Debatte als Aktiva die Positionen Potenzvermögen (das zur Wertschöpfung fähige Realvermögen) und Futur (Hoffnungen auf Wertschöpfung; bisher als „Finanzvermögen“ bezeichnet) ausgewiesen. Als Passiva wird zwischen den Positionen Verbindlichkeiten (Versprechen auf Teilhabe an der Wertschöpfung; bisher als „Fremdkapital“ bezeichnet; umfasst auch die Verpflichtungen aus Arbeitsverträgen und Pensionszusagen) sowie Eigenkapital (aufgeteilt in eine Potenz- und Finanzposition) differenziert.
Durch diese Reform wurde die reale ökonomische Leistungsfähigkeit und die dafür notwendige Natursubstanz transparenter, und spekulative Blasen konnten vermieden werden. Neben den Sektor-Bilanzen werden auch ökosoziale Leistungskennziffern aufgezeigt:
01 – Ökoeffizienz: Ökonomische Gesamtleistung (BIP) / (Naturleistung und Naturverbrauch)
02 – Verwendung der Wertschöpfung:
03 – Konsum
04 – Zuführung zum Potenzvermögen (privates und staatliches)
05 – Solvenzquoten:
06 – Haftung: Relation Futur (Geldmenge) / Potenzvermögen
07 – Leistung: Relation Futur (Geldmenge) / Wertschöpfung
Skandinavische Länder haben frühzeitig Maßnahmen zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung umgesetzt, die als Vorbild dienten.
Eine wichtige Triebfeder zur Einigung war die Verabredung einer fairen Stabilitäts- und Stabilisierungs-Abgabe in den Finanzmärkten, insbesondere, um die in den 2020er Jahren im Verlauf der weltweiten Spannungen drastisch gestiegenen Verteidigungsausgaben, aber auch die nationalen und auch globalen Resilienz-Aufwendungen leisten zu können.
Die hierfür eingeführte Lenkungsabgabe zur Absicherung der staatlichen und privaten Solvenz ist der nach der Finanzkrise eingeführten Bankenabgabe ähnlich gestaltet. Dieses Instrument ist als Produktsteuer auf alle Finanzprodukte ausgelegt. Als Vorlage diente der amerikanische Vorschlag eines Finanzstabilitätsbeitrages nach der Weltfinanzkrise 2008 (Claessens et al., 2010; Solte 2009a; Leverage Money Tax. auch in Eichhorn & Solte, 2009).
Bemessungsgrundlage ist die Bilanz-Position der Verbindlichkeiten (Fremdkapital). In ihrer Höhe ist sie abhängig von der ökonomischen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, Aspekte der Bewertung sind die Solvenzquoten (=> [1] siehe Erklärung weiter oben). Die Wirkung:
01 – (spekulative) Hebelgeschäfte lohnen sich nicht mehr.
02 – Die Verschuldung (insgesamt) ist rückläufig.
03 – Die Gefahr einer öffentlichen Insolvenz ist gebannt (Sicherstellung von Zahlungsfähigkeit).
04 – Ein damit finanzierter Struktur- und Kohäsionsfonds sichert auch die nicht-staatliche Solvenz, wozu auch die Resilienz-Transformation gehört. (Europäische Union, n.d.)
Im Zuge der Konsensfindung auf europäischer Ebene, zur Adaptation des erfolgreichen Pionierwegs, wurde gegen Ende der 2030er Jahre auch das Steuersystem revolutionär verschlankt.
Die Bürger:innen selbst zahlen keine Steuern auf ihr Einkommen, und die Mehrwertsteuer wird nicht mehr erhoben. Es erfolgt nur noch eine Ertragsbesteuerung. Die Steuerbasis ist die Summe der Passivseiten aller Bilanzen von Selbstständigen, Unternehmen und anderen Arbeitgebern, inklusive aller Arbeits- und Dienstleistungsverträge.Besteuert werden, abhängig von der ökonomischen und ökosozialen Leistungsfähigkeit,
01 – Löhne, Gehälter und Dienstleistungen
02 – Renditen und Zinszahlungen auf Fremdkapital
03 – Ausschüttungen auf und Zuführungen zum Eigenkapital
Dadurch wurde das Steuersystem effizienter, gerechter und für alle verständlich!